Verstochen, geplagt und erschöpft

So hab ich dich heut angetroffen. Die Physio war grad gegangen und die Logopädie am Kommen. Gleichzeitig kam auch noch ein Arzt und hat mit mir, uns, den Tag rekaptuliert. Das Fieber ist zum Glück noch in der Nacht zurückgegangen, kommt aber immer wieder etwas, jedoch nicht mehr so hoch. Der Ausschlag ist nun wirklich grossflächig, scheint aber weniger geschwollen und vielleicht heisst das ja, das es abklingt. Deine Arme und Beine sehen aus, als ob du seit Jahren ein Junkie wärst. Schlimm. Die Lunge wurde wieder punktiert, diesmal sogar 800 ml. Offenbar gibt es verschiedene Meinungen, was sie mit diesem Problem tun sollten, man hat sich dann aber nochmals für das Punktieren entschieden, damit nicht noch eine Infektionsmöglichkeit eröffnet würde, wie es bei einer Drainage sein könnte.

Du bist sehr erschöpft und ich lese dir noch ein Kapitel aus "Bittersüsse Schokolade" vor. Nach einer Weile kriegst du wieder Schmerzen. Diesmal, um herauszufinden, ob du darauf allergisch reagierst, wird es dir ins Bein gespritzt. Es schmerzt dich immens. Du weinst und sagst zu mir mit gepresster Stimme: "Bisch gemein". Ja, genauso fühle ich mich. Ich wollte dir helfen und habe es stattdessen noch verschlimmert. Entschuldige bitte. Ich bitte den Pflegenden, dir das Schmerzmittel nicht mehr so zu verabreichen. Das ist das Einzige was ich noch tun kann. Es tut mir wirklich sehr, sehr leid.

Zum Glück kannst du nach dem Umlagern Schlafen. Bin sehr froh darüber. Ich befehle dir: "ERHOLE DICH". Es wär so wichtig. Ich verlasse dich heute mit einem ziemlichen schlechten Gewissen, aber ich merke, dass auch meine Kräfte sich abnutzen und fühle eine Müdigkeit in meinen Gliedern wie ich es bisher nicht kannte. Ich erlaube mir drum, heut früh zu gehen. Und hoffe, dass du in guten Händen bist. Nochmals erhol dich gut und ich hab dich sehr, sehr lieb. Schlaf gut und träum süss, vor allem von einem Leben ausserhalb deines Gefängnisses.

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