So schön und doch so furchtbar


Du schliefst tief und zufrieden als ich heut zu dir gestürmt kam. Dachte ich sei zu spät dran, da ich noch ein Gespräch mit dem Arzt hatte und es hiess, dass er um vier Zeit hätte. Und bis ich es endlich zu dir geschafft hatte, war es schon zehn nach.

Dein Kopf sieht gut aus. Eingefallen. Jimmy ist immer schockiert, wenn ich sage schön, es ist eingefallen. Er findet es schlimm und es macht ihm zu schaffen. Damit ist er nicht allein. Ich habe es gestern gemerkt, als Bekannte uns angesprochen haben. Es fällt vielen schwer dir zu begegnen. Ich verstehe das. Dennoch tut es mir sehr weh und ich möchte mir nicht vorstellen wie das für dich ist.

Seit Samstag merke ich mehr denn je, wie sehr du Gefangene deines eigenen Körpers bist. Es scheint mir, als ob das Buch die Wand zu unserer Realität geworden ist. Du brauchst deine Stimme öfter und versuchst vermehrt zu Sprechen. Doch oft, respektive meist hast du nur die Kraft für ein paar laute Silben, manchmal auch ganze Worte. Immer wieder muss ich dich bitten, versuchen zu wiederholen, was du gesagt hast. Doch auch das zweite und dritte Mal führt selten zum Erfolg. Ich seh dir an, wie sehr dich das schmerzt, enttäuscht und ermüdet. Dennoch gibst du nicht auch. Wie sehr ich dich bewundere.

Morgen ist es genau 10 Wochen her, seit du hier in St. Gallen eingeliefert wurdest. Von einer Stunde zur Anderen hat sich unser beider Leben mehrfach gedreht und gewendet. Wann hört das wieder auf? Wann darf endlich wieder etwas Normalität in unser Leben treten? Was ist geschehen, dass ausgerechnet du vom Leben so geprüft wirst? Ich verstehe es nicht. Ich verstehe es sogar immer weniger.

Deine Stärke und dein Willen helfen mir jedoch daran zu glauben, dass du es schaffen wirst. Und dass du wieder zu einem Leben finden wirst, welches du als für dich gut bezeichen wirst. Mum, du schaffst das. Ich unterstütze dich so gut ich kann. Du wirst dir Stück für Stück wieder dein Leben zurückgewinnen. Langsam aber sicher. Irgendwie.

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