Mein Trauma

Morgens um viertel nach Sieben bin ich schon bei dir. Du bist wach. Versuchst mir was zu sagen. Teilweise verstehe ich es und teilweise leider nicht, da es wie öfters tonlos ist. Wenn ich doch nur Lippenlesen könnte.

Zähneputzen steht noch auf dem Programm und du hilfst gut mit. Wenn du aufrecht sitzen kannst geht es einfach besser.

Ich erkläre dir nochmals was heute mit dir passiert und weshalb du diese Op haben musst. Du scheinst es zu verstehen, aber sagst nicht ja, wie die letzten Male. Schade. Denn dieser Helfer ist doch so wichtig für dich. Na ja, du wirst es schon gut machen.

Der Arzt sagte mir gestern, dass du um halb Acht geholt wirst, die Stationsekretärin sagte zwischen 8 und 9 und die Narkoseärztin zwischen 9 und 10. Wir warten deshalb gemeinsam. Es scheint dir auch wichtig, denn du hältst meine Hand immer fest. Abgeholt wirst du dann kurz nach 10. Also war die Narkoseärztin am nächsten.

Etwas kurz nach zwei ruft mich Dr. Dreskamp an und teil mir mit, dass die Op gut verlaufen ist, dass du aber wegen deiner tiefen Kaliumwerte diese Nacht in der Chips verbringen musst. Du bist also genau 8 Wochen später wieder da, wo man dir sagte, dass du die Nacht vom 17. auf den 18. Mai nicht überleben wirst. Auch ich muss dahin zurück, denn ich will selbst sehen wie es dir geht.

Du glaubst nicht wie schwer es mir fällt an diesen Ort zurückzukehren. Ich hätte nicht gedacht, wie sehr mich diese Nacht traumatisiert hat. Und es ist furchtbar dich wieder so verkabelt zu sehen. Auch dass dein Kopf nicht so einfallen ist, wie ich es mich gewöhnt bin und wie es auch sein sollte. Du schläfst, blinzelst ab und an, viel mehr nicht. Es heisst aber, dass es dir soweit gut geht.

Kurz bevor wir gehen wollen, öffnest du noch kurz ein Auge und die Pflegerin kann dir etwas von dem zähen Schleim absaugen. Es ist furchtbar unangenehm. Mum es tut mir so leid, dass du all dies mitmachen musst. Wenn du damit ein gutes Leben führen könntest würde ich jederzeit mit dir tauschen, nur damit es dir gut geht.

Nach der Mundpflege schläfst du weiter und wir verabschieden uns von dir.

Liz - danke, dass du mitgekommen bist. Es hat mir den Weg zurück zu Mum in die Chips sehr erleichtert. Danke.

Mum erhol dich gut und freunde dich mit deinem Helfer an. Er ist wichtig für dich, damit du bald wieder nach Valens darfst. Hab dich sehr fest lieb. Gib acht auf dich.

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